Stress, Luftzug, Alter - das Kreuz mit den Nackenschmerzen

Jeder zweite Mensch klagt in seinem Leben über Nackenschmerzen. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Stress, stundenlanges Sitzen vor dem Computer, ein kalter Luftzug aber auch eine ernsthafte Erkrankung. Wir sprachen mit unserem Neurologen, Dr. Jan Jirout.

Was sind die Ursachen für Nackenschmerzen?

Dr. Jirout: Die ernsthaften und zum Glück seltenen Ursachen sind Verletzungen, Entzündungen, Tumore oder angeboren Fehl- und Missbildungen. Aber weitaus mehr ins Gewicht fällt die radikale Veränderung unseres Lebensstils. Man darf nicht vergessen: Die Halswirbelsäule hat sich in Millionen von Jahren entwickelt. Sie wurde aber nicht für die heutige Art zu leben konstruiert. Zu wenig Bewegung, stundenlange starre Kopfhaltung, z.B. vor dem Computer, oder abrupte Richtungs- und Geschwindigkeitsänderungen, vor allem im Auto, setzen der Halswirbelsäule zu.

Welche Rolle spielt die Halswirbelsäule?

Die Hauptrolle. Sie trägt und bewegt den Kopf. Zu ihr gehören die empfindlichen weichen Elemente, die bei Nackenschmerzen weh tun: Knochenhaut, Gelenkkapseln, Bänder, Bandscheiben Sehnen und Muskeln. Außerdem verlaufen in der Halswirbelsäule das Rückenmark und die zwei wichtigen das Gehirn versorgenden Arterien. Sowie Nervenwurzeln, die für die Beweglichkeit der oberen Extremitäten zuständig sind.

Spielt das Alter bei Nackenproblemen eine Rolle?

Bei jedem Menschen entwickeln sich im Lauf der Zeit Abnutzungserscheinungen. Sie führen dazu, dass Haltung und Beweglichkeit des Kopfes eingeschränkt oder sogar krankhaft verändert werden. Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule können die weichen Strukturen in der Nähe der Halswirbelsäule reizen oder direkt schädigen. Mit schwerwiegenden Folgen. Zum Beispiel ein Schlaganfall, wenn die Arterien eingeklemmt werden, ein Querschnittssyndrom, wenn das Rückenmark betroffen ist, oder Schmerzen, Lähmungen und Empfindlichkeitsstörungen, wenn die Nervenwurzeln gequetscht werden.

Kann Stress Nackenschmerzen auslösen?

Sicher! In jeder Stresssituation kommt es üblicherweise zu einer mehr oder weniger unkontrollierten Anspannung der Nackenmuskulatur. Besonders empfindlich sind die mikroskopisch kleinen Muskelfasergruppen, die in den Bänderapparat eingebaut sind. Ihre richtige Funktion ist besonders wichtig, weil sonst Blockierungen entstehen.

Ist es der oft zitierte Luftzug, der Nackenprobleme verursacht?

Der Luftzug bedeutet immer einen Kontakt mit Kälte, die lokal im Nackenbereich eine krampfhafte und schmerzhafte Anspannung der Muskulatur auslöst. Dadurch wird die Beweglichkeit der Halswirbelsäule in ein paar benachbarten Segmenten reduziert. Die angespannte Muskulatur wird weiter gereizt, die Schmerzen stärker, die Einschränkung der Beweglichkeit auch. Ein Teufelskreis.

Wie behandelt man Nackenprobleme?

Wir müssen diesen Teufelskreis aus Ursachen und Folgen, die sich gegenseitig aufschaukeln, durchbrechen, damit die Beschwerden nicht chronisch werden. Zum einen mit schmerzlindernden Medikamenten und pyhsiotherapeutischen Maßnahmen. Die Blockierungen können durch einen qualifizierten und erfahrenen Chiropraktiker beseitigt werden.

Wann soll man mit Nackenschmerzen zum Arzt?

Vor allem und dann sofort nach einem Unfall, der nicht unbedingt mit Nacken und Halswirbelsäule etwas zu tun haben muss. Das heißt praktisch nach jedem Schädel-Hirn-Trauma und nach jede Schleudertrauma, bei dem Nackenschmerzen auftreten. Man sollte auch dann zum Arzt gehen, wenn aus heiterem Himmel Schmerzen auftreten, die in den Hinterkopf, in die Schulter oder in die oberen Extremitäten ausstrahlen. Als Alarmzeichen sollten auch begleitende Beschwerden wahrgenommen werden wie Schwindel, Übelkeitsgefühl oder Schmerzen vorne und seitlich am Hals